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Georges Perec zum Geburtstag – (7.3.1936 – 3.3.1982)

von Taccuino Del Vecchio | 07/03/2025 | Die Notizen des Alten | 0 Kommentare

FORGET Patrick / Alamy Stock Photo

Der Alte mag Georges Perec nicht nur, weil er sich in dessen Versuch einen Platz oder vielmehr Plätze in Paris zu erfassen (oder zu erschöpfen) wiedererkennt:
Georges Perec (2022) Lieux. Paris, Editions du Seuil.

Place de la Contrescarpe und Rue Mouffetard, dort streunte der Alte vor langer Zeit öfters herum, der Jardin des Plantes wurde zu seinem Joggingfeld, die mächtige Zeder aus dem Libanon sein Sonnendach, der bretonische Fischhändler und die Läden der Auvergnats seine Zuflucht.
Noch einmal hat es den Alten kürzlich in diese Gegend verschlagen, aber er hat sie nicht wiedererkannt. In einer Seitenstraße der Place Monge jedoch traf er auf alte Bekannte, turkmenische Teppichhändler, welche von der Gentrification aus der Haupt- in eine Nebenstraße verdrängt worden waren. Sie bestätigten des Alten Eindruck mit den Worten: „Seit ´Emily in Paris´…“
Doch genug in Nostalgie geschwelgt.

Georges Perec legt es darauf an, in seinen ´Lieux´ das dingfest zu machen, was Werner Spies, der Biograf und Freund Max Ernsts, in seiner Autobiografie Mein Glück das ´Inframince´nennt. Das ist zumindest die Interpretation des Alten:
“(…) das “inframince”, das Nichtmehrmessbare , und das, was unter die Schwelle der Wahrnehmung fällt (…). Das Experiment (…) mit den Nuancen (…). (…) Spuren. (…) aufregender und dramatischer (…) als festumrissene Ereignisse. Es war die geheime Neurasthenie der Dinge, die mich schon als Kind lockte, die Beschreibung, die genauer als jede psychologische Beobachtung die Akteure zu erfassen vermag. Ich sehe mich um, spüre dem nach, was andere getan, gedacht und gefühlt haben.”
(2012) Mein Glück, München, Carl Hanser. (S. 11, 12)

Hanns-Josef Ortheil zitiert folgende Worte Perecs zu seiner Vorgehensweise:
«Seine Absicht ist es jedoch, „das Übrige zu schildern: das, was man im Allgemeinen nicht notiert, das, was nicht bemerkt wird, was keine Bedeutung hat, das, was passiert, wenn nichts passiert außer Zeit, Menschen, Autos und Wolken“.»
(2012) Schreiben dicht am Leben – Notieren und Skizzieren. Berlin, Dudenverlag. (S. 19) zu Georges Perec (2010) Versuch, einen Platz in Paris zu erfassen. Konstanz. (S. 9)

Georges Perec differenziert in einem Brief an seinen deutschen Übersetzer Eugen Helmlé seine etwas nebulöse Vorgehensweise:
«(…) es beschreibt präzise genau das, was sich im Wort abspielt, bevor es Sprache wird: Übergang vom Nebel zur Klarheit, vom Nicht-Gesagten zum Gesagten, vom Unsagbaren zum trotzdem Gesagten, Zeitspannungen, Verschiebungen, Entfaltungen, Explosionen, Ausbreitungen, Übertragungen und so weiter. »
IN Ralph Schock (Hrsg.) (2015) «Cher Georges» – «Cher Eugen» – Die Korrespondenz zwischen Eugen Helmlé und Georges Perec. St.Ingbert, Conte Verlag. (S. 213)

Erinnert uns das nicht an das ´Flüstern vor den Lippen´ Ossip Mandelstams?

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