Jerome S. Bruner zum Geburtstag (1.10.1915 – 5.6.2016)
Der Alte hat es nicht so mit Psychologen und ihren Beiträgen zur pädagogischen Gestaltung des schulischen Alltags.
Dennoch, neben Lev S. Vygotsky schätzt der Alte einen amerikanischen Psychologen: Jerome S. Bruner, der mit 100 Jahren am 5. Juni 2016 gestorben ist.
(Jerome Bruner hat übrigens Vygotsky seinen amerikanischen Landsleuten in den frühen 60er Jahren wieder bekannt gemacht.)
Welche Schätze gibt es bei Bruner zu heben!
Geprägt hat den Alten Bruners Bekenntnis zum Einsatz von Technologien in der Gesellschaft und somit in den Schulen:
«A technology requires a counterpart in social organization before it can be used effectively by a society.» (p. 82)
(1966) Toward a Theory of Instruction. Cambridge, Harvard University Press.
Ein Thema, aktueller denn je im Zeitalter von KI und Social Media!
Der Alte glaubte bereits 1982 im Schreibatelier eine Antwort gefunden zu haben.
Die institutionelle Organisation des Schreibateliers, basierend auf Produktion, Kooperation, Austausch, gemeinsamer Reflektion, gemeinsamer Bearbeitung und finaler Veröffentlichung, erfüllt Bruners Kriterien.
Die spätere Arbeit an mündlichen Produktionen mit TEO sowie die Gestaltung multimodaler ´Texte´ mit iTEO und iTEO2 ermöglichen es ebenfalls, Bruners Forderung nach einer sozialen Organisation einzulösen.
Für Bruner ist gerade der Austausch innerhalb der sozialen Organisation das wichtigste Element, weil jener ein ureigenstes menschliches Bedürfnis befriedigt:
«I find it ironic that in all the lists of human instincts that used to be offered by psychologists to explain human nature, nobody ever mentioned ‘the need to share the objects of attention with others’.» (p. 12)
(1995) From Joint Attention to the Meeting of Minds: An Introduction. IN MOORE, C. & DUNHAM, P. J. (Eds.) Joint Attention: Its Origin and Role in Development. Hillsdale, NJ: Erlbaum.
Sinnvolle und bedeutungsvolle Sprache erwächst für Bruner von Geburt an aus der zwischenmenschlichen Aktion, Reflektion und Organisation:
«(…) language is a specialized and conventionalized extension of human co-operative action.» (p. 3)
(1975) The Ontogenesis of Speech Acts. IN Journal of Child Language, Vol. 2, No1
Bruner betont dabei besonders die Rolle der Reflektion im Sprachlernprozess.
Kinder als Autoren ihrer Texte und ihres Lernens reflektieren gemeinsam während der verschiedenen Etappen im Schreibatelier, in der Arbeit mit TEO, iTEO und iTEO2:
«To become competent in language – including learning what particular words mean – the child must also become competent in those reflective practices. (…) the child’s development of language depends as much on the development of that reflexive view-point as it does on vocalizations, gestures and marks.» (p. 65)
SHANKER, S. G. & TAYLOR, T. J. (2001) The House That Bruner Built. IN BAKHURST, D. & SHANKER, S. G. (Eds.) Jerome Bruner – Language, Culture, Self. London, Sage.
Gerade die begleitenden, diskursiven und reflektierenden Sprachhandlungen der Kinder während der Arbeit im Schreibatelier und während der Produktion von mündlichen und multimodalen ´Texten´ geben ihnen Einsicht in Form und Struktur der zu erlernenden Sprachen.
Die Reflektionen der Kinder sind unverzichtbar im Prozess des Sprachenlernens. Sprachelemente müssen Teil eines sinnstiftenden und bedeutungsvollen Diskurses sein. Nur so können Sprachen und ihre grammatikalischen Strukturen erfasst werden:
«(…) it is as a byproduct of learning to use language in discourse that the child masters its structure.» (p. 91)
(1988) Vygotsky: A Historical and Conceptual Perspective. IN MERCER, N. (Ed.) Language and Literacy from an Educational Perspective – Volume 1. Milton Keynes, Open University Press.
In einem weiteren Post wird der Alte auf die Wichtigkeit des Narrativen und des ´storying´ eingehen, die Jerome S. Bruner sein ganzes Leben beschäftigt haben.
Nach seinem 99. Geburtstag gab Jerome S. Bruner dieses Interview:
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