Uwe Johnson zum Todestag (20.7.1934 – 24.2.1984)
Der Alte behauptet: ‘Jahrestage’, so heißt das Buch meines Lebens. Der Alte meint auch: Uwe Johnson ist der Autor meines Lebens.
Der Alte hatte als Gymnasiast das ‘Dritte Buch über Achim’ gelesen. Er konnte Uwe Johnson 1973, so glaubt er, in der Thomas-Mann Bibliothek in Luxemburg sehen und hören.
Johnsons kahler Kopf ragte vor dem Rednerpult in der ersten Stuhlreihe heraus, während er sich die Einführungsrede eines von dem Alten gehassten luxemburgischen Literaturpabstes anhören musste (F. H., sein Name, der Alte musste ihn später noch im Lehrerseminar 2 Jahre ertragen).
Offensichtlich war Johnson angetrunken, sein Oberkörper in der schwarzen Lederjacke schwankte etwas hin und her.
Vielleicht war ihm die luxemburgische Provinzialität zu nahe gegangen.
Schwerfällig erhob sich Uwe Johnson nach dem Ende der Einführungsrede und schlenkerte aufs Rednerpult zu, sich an seiner Ledermappe festklammernd.
Dort angekommen langte Johnson mit beiden Händen ans Rednerpult, fand soliden Stand und sagte betont deutlich und eindringlich folgende Worte:
„Hiermit distanziere ich mich von allem, was mein Vorredner über mich und mein Werk hat verlautbaren lassen.»
Eisesstille.
Und dann las Johnson, auch aus ‘Das dritte Buch über Achim.’
Diese Episode hat den Alten geprägt, sie hat ihn immer in Momenten seines Lebens gestärkt, wenn es gilt: ‘Wehre dich! Widerstehe!’
Seinen Studenten an der Uni erzählt der Alte von dieser Anekdote, um sie zu ermutigen, sich offiziellen Vorschriften zu widersetzen, wann immer Sinn und Vernunft es gebieten: RESIST!
‘Jahrestage’ ist des Alten Meinung nach Uwe Jiohnsdons schönstes Buch, weil dieser darin Information, Dokumentation und Fiktion einzigartig zu verknüpfen versteht.
Johnson webt in diesem Monumentalwerk einen Teppich von distanzierten aber tiefen Gefühlswelten.
Die Personen, besonders Gesine Cresspahl und ihre Tochter, gehen einem unter die Haut und man spürt förmlich, wie Johnson selbst in seiner eigenen Gefühlswelt gelitten haben muss.
Vorletztes Jahr hat der Alte das wunderbare Buch von Patrick Wright ‘The Sea View has me again’ gelesen, das den Sterbensort Johnsons (Sheppey) erkundet und noch einmal seine besondere Person in ihrem letzten Lebenskontext aufleben lässt.
Ich glaube, dass diese Buch eine gelungene Hommage an Johnson und sein Werk darstellt.
Johnson fehlt seit 1984.
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